Mädness – OG Interview
Vor knapp 5 Jahren war mit Maggo Schluss. Die letzten Songs waren eingespielt, die letzte EP veröffentlicht und die letzten Konzerte gespielt. Für MÄDNESS war der Schlussstrich gleichzeitig der größte Erfolg. 2017 feierte er mit ‚Ich und mein Bruder‘ und seinem Bruder Döll bereits schon ein fulminantes Comeback. Jetzt ist es an der Zeit, euch den Original Gude kurz ‚OG‘ vorzustellen, das erste Soloalbum seit über 10 Jahren. Deshalb hab ich Mädness im Vorfeld getroffen und mit ihm über die Platte, das Rapgame und über die Zeit gesprochen.
Thomas: Schön, dass du wieder zurück bist. Wie gefällt dir der Trubel zur Zeit? Hast du überhaupt Lust auf Interviews?
Mädness: Das entscheide ich, wenn alle Interviews veröffentlicht sind, dann werde ich sehen, ob das alles so cool war (lacht), nee Quatsch, ey das ist mein x-ter Frühling und das ist schön. Ich hab großes Glück scheinbar.
T: Sind diese Interviews eine kleine Genugtuung für dich?
M: Das Interesse an einem Album, das freut mich, klar. Aber ich muss jetzt nicht jeden Tag Interviews geben, weil ich super gerne Sachen über die Alben oder die Songs transportiere. So wie das halt viele Künstler machen, aber ich find es gut gerade ein bisschen ins Detail zu gehen und Dinge erklären, damit man vielleicht mehr versteht, warum ich es so gemacht habe, wie ich es gemacht habe.
T: Es ist viel passiert in den letzten 3 Jahren. OG ist deine erste Platte nach der Maggo EP. Warum sollte damals genau nach dieser EP Schluss sein?
M: Weil ich für mich einen anderen Plan hatte beruflich. Der war so felsenfest dieser Plan. Die Zeit für die Musik war gar nicht mehr dafür da, dass es auch ordentlich wird. Und ich war zufrieden mit der EP, mit diesem Ausstand konnte ich leben. Hab noch mal ein paar Konzerte gespielt. Und dann hat sich mein Plan wieder etwas geändert, dann ist mir Rap wieder eingefallen und wie gern ich das mache.
T: Hast du dich irgendwie Rap technisch fit gehalten in dieser Zeit?
M: Ja, schon. Ich hab geschrieben und zu der Zeit auch viel gefreestyled. Aber nicht so in der Gänze, wie ich es jetzt tue. Jetzt ist es mein Brot, zum Glück. Deswegen war das ‚Ich und mein Bruder‘ Ding der Anfang, jetzt bin ich im richtigen Mood für mein Solo Ding. Das war eine coole Einleitung sozusagen.
T: OG klingt komplett nach Hip Hop in seiner Urform. Ich kann Parallelen zu Onyx oder A Tribe Called Quest hören. Der Song ‚Was soll ich dir schon erzählen‘ ist da ein gutes Beispiel. Unglaublich, dass deutscher Hip Hop so klingen kann.
M: Ey, voll gut. Witzig, dass du genau diesen Song ansprichst. Das ist so die Ebene, die ich mit Nico von K.I.Z teile. Einfacher 90er Jahre Rap mit klaren Texten. Den Song gab es ja auch schon einmal auf einem anderen Beat. Dann haben wir uns über Musik unterhalten und was wir gerne hören und dann ist dieser Song entstanden.
T: Ich bin aufgewachsen mit deutschen Hip Hop in den 90er Jahren mit Dende, Beginner, Torch usw. Aber irgendwie war 2003 nach dem letzten Beginner Album die Luft raus. Hast du eine Erklärung dafür oder ging es nur mir so?
M: Ich hab das auch schon öfter gehört. In der Zeit ist diese Blase irgendwie geplatzt. Zwischen 2005 und 2010 war deutscher Hip Hop nicht cool. Underground Acts waren Underground Acts. Die Großen waren die Großen. Ab 2010 mit Materia, mit dem Boom Bap Revival, mit dieser ganzen Beat-Fight Geschichte ging es dann wieder los. Aus verschiedenen Ecken kamen dann Schübe. Straßenrap wurde groß und alles wurde zu diesem großen Feld, was es jetzt ist.
T: Was ist der größte Unterschied zwischen deinem letzten Album ‚Unikat‘ von 2007 und ‚OG‘?
M: Woah! Es ist aus einer völlig anderen Zeit und mit einem völlig anderen Antrieb. Ein völlig anderes Ich. Damals ging es viel um Rap-Technik und MCing, alles war aggressiver. Zwischen beiden Alben liegt einfach unheimlich viel Lebenserfahrung.
T: Du bist also angekommen.
M: Das weiß ich nicht (lacht). Auf jeden Fall mehr angekommen als damals. Damals bin ich eher geschwommen, wußte nicht, wo es lang geht, was ich machen möchte. Das hört man auch raus. Diese Unruhe wollte ich auch loswerden. Und durch ‚OG‘ hab ich diese Aggressionen etwas runter gefahren.
T: Damals war auch schon Materia am Start. Gibt es da einen Freundschaft? Wie kommt ihr zueinander?
M: Wir haben uns 2005/2006 kennengelernt in Darmstadt über Magnum12. Sein Label Manager hatte damals in Darmstadt gelebt und da hab ich ihn kennengelernt, haben zusammen Mucke gemacht. Haben dann Kontakt gehalten, der bis heute zu diesem Song geführt hat.
T: Eure Stimmen passen so unheimlich gut auf dem Track zusammen.
M: So ging es mir auch. Als wir die ersten 2 Strophen hatten, meinte ich, ich hör da Marten drauf. Dann war das ganz easy, ich hab ihn gefragt und er hat den Song gefeiert.
T: Deine Art zu Rappen ist einfach sehr angenehm und hat diesen Wiedererkennungswert. Wie bist du dazu gekommen? Hattest du ein Vorbild?
M: Du ich hab keine Ahnung. Das kommt aus einer Kombination aus MCs, die man während der Jahre kennengelernt hat, die man gehört hat und Menschen die man getroffen hat. Ich hab früh sehr viele MCs gefressen und für mich studiert. Ein Riesen Einfluss früher war Ludacris, das war so ein Einschnitt. Heute ist es J.Cole oder ein Kendrick Lamar, so die Ecke. Dieser Sound fehlt hier ein wenig, dieser Conscious Sound, ein wärmerer, Band mäßiger, wieder Sample basierter, moderner Boom-Bap Sound. Und das war mein Anspruch. Dieses Real Rap Gefühl wieder zurück zu holen. Damit möchte ich aber nicht sagen, dass ich der Realste hier bin. Ich wollte eher persönliche Erfahrungen teilen, Geschichten erzählen.
T: Ohne Zusatzstoffe und ohne Schimpfwörter.
M: Genau.
T: Aber dadurch könnte dir ja die ein oder andere Zielgruppe flöten gehen oder befürchtest du das nicht?
M: Nee, die will ich eigentlich auch gar nicht haben, was heißt die will ich gar nicht haben? Ich hab das Album für mich gemacht und nach dem Maßstab gemacht, wie ich auch Sachen transportieren möchte. Ich will jetzt auch keinen ändern oder eine große Botschaft senden. Ich glaube aber, dass man erkennen kann durch Kleinigkeiten oder Nebensätze wie ich so Sachen sehe. Wenn ich das Album für Jemand gemacht hätte, dann wäre der Sound komplett anders. Weil das ist ein Sound, der im Moment nicht am Start ist. Das schlimmste was ich hätte machen können, ein Kompromiss eingehen und in die Trap oder Latino Ecke gehen. Das ist Mucke, die ich nicht höre.
T: Das hast du ja auch auf dem ‚Ich und mein Bruder‘ Album so gehandhabt.
M: Absolut. Das ist auch Quatsch, sich irgendwie anpassen zu wollen. Es geht einfach in die Hose. Die Leute merken das ja, wenn das nicht 100% dein Ding ist. Wen willst du denn verarschen? Das ist schon bei vielen Künstlern in die Hose gegangen, ohne Namen zu nennen.
T: Da achtest du wahrscheinlich auch drauf, wenn du Jemand featurest oder?
M: Ja, wobei ich sagen muss, dass ich da flexibel bin, was die musikalische Ausrichtung angeht. Weil wenn ich die Mucke von dem feier, es aber nicht mein Sound ist, er mich aber einlädt, dann versuche ich mich schon anzupassen. Da hab ich auch Spaß dran auf einem anderen Gefilde stattzufinden. Ich hätte jetzt gar kein Problem damit auf einem Trap Beat zu gehen, solange der einen guten Song draus macht und gut drüber rappt. Dann wär ich sofort am Start.
T: Also vielleicht irgendwann mit Trettmann.
M: Super gern. Also bei Trettmann wär ich sofort am Start.
T: Wie bist du an das ‚OG‘ Album rangegangen. Hast du von Null angefangen, hattest du schon ein paar Tracks? Hattest du einen Plan?
M: Von Null und ohne Plan ran. Ich hatte eine Vorstellung vom Sound, wie es klingen sollte, das es warm und melodiöser werden soll. Aber sonst gar nix.
T: Wie kann man sich das vorstellen? Sagst du dir, „jetzt ist Montag, dann fang ich mal an!“?
M: Als allererstes hab ich Dienst & Schulter besucht für eine Woche in Köln. Somit hatte ich einen Start. In dieser Woche haben wir viele Skizzen geballert und danach wusste ich in welche Richtung es geht. Es geht erst einmal nur um Laute, du säuselst nur so vor sich hin. Dann haben wir einige Sachen aufgenommen und dann hab ich schon gemerkt, was die Themen sind. So hat sich das denn Stück für Stück gefügt.
T: Wie wählst du deine Produzenten aus? Sind das alles Freunde oder ist es dir nur wichtig, dass der Beat geil ist?
M: Ich gehe eigentlich nur nach Aussehen im ersten Moment. (lacht) Nee, quatsch. Ich hab, weil du ein Torky T-Shirt trägst, auch mit Torky zusammen gehockt. Da gibt es auch Skizzen. Er ist mir hoffentlich nicht böse, dass nix auf dem Album gelandet ist. Aber es hätte einfach nicht zum Album gepasst. So ist es auch mit anderen Produzenten passiert. Es war einfach nur wichtig, dass die Songs zusammen passen und dass es inhaltlich einen roten Faden gibt. Das war kein einfaches rauspicken von Produzenten. Die Dienst & Schulter Sachen haben mir persönlich super gut gefallen. Bei Enaka bin ich schon lange Fan. Suff Daddy hat sich so ergeben, durch Zufall irgendwie und das war dann irgendwann so eine Vollexplosion. Danach hab ich mich gefragt, warum haben wir nicht schon vorher mehr gemacht. Swoosh Hood ist eher der kleinere Name auf dem Album, der hat schon ziemlich viel für Enoq produziert. Ich bin ein riesen Enoq Fan. Dadurch kam ich zu ihm. Und Nico K.I.Z hab ich kennengelernt, als wir Support gespielt haben für K.I.Z. Wir haben uns gut verstanden.
T: Siehst du dich jetzt als OG?
M: Ich hab mir das selber aufgehalst. Ob es der Tatsache entspricht mal dahingestellt. Ich wollte den Begriff vom Original Gangster ein wenig brechen. Ich wollte meine lange Verbundenheit mit der Kunst herausstellen. Ein Kumpel von mir hat damals das Ice-T Tape angeschleppt. Daran ist mein Cover-Artwork angelehnt, weil ich es damals schon stark fand. Ausserdem hab ich mich vor dem Album gefragt, wo bist du jetzt eigentlich, wo stehst du im Rap, deswegen hat sich der Begriff irgendwie so eingeschlichen.
T: Das hätte auch nach hinten losgehen können, wenn das Album schlecht geworden wäre.
M: Klar, dann wär ich der abgehalfterte ältere Rapper, der es noch mal wissen will.
T: Wie geht es weiter? Geht es weiter?
M: Ja, definitiv ja. Ich schreib auch noch die ganze Zeit, ich hab wieder Bock auf neue Sachen, das hat Spaß gemacht und ich würde weiter machen.
T: Und mit deinem Bruder auch noch mal?
M: Das steht in den Sternen.